Wie wichtig sind Entschuldigungen in einer Paarbeziehung? Echte Entschuldigungen stärken die Partnerschaft
- Posted by Hans-Georg Lauer
- On 1. Dezember 2017
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Bitte erinnern sie sich an das letzte Mal, als sie sich gegenüber Ihrem Partner entschuldigten. Was war den Entschuldigungen vorausgegangen? War Ihre Entschuldigung „echt“ und ist sie vom Partner angenommen worden?
Den eigenen Partner um Entschuldigung zu bitten, fällt vielen schwer. Viele befürchten, dass sie sich mit einer Entschuldigung kleiner machen. Sie haben Sorge davor, nicht mehr auf Augenhöhe zu sein. Partner, die sich in einer Beziehung mit Entschuldigungen schwertun, neigen dazu, sich selbst die Schuld zu geben und sich innerlich abzuwerten. Deshalb vermeiden sie es, sich ehrlich zu entschuldigen.
Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass das dieses Thema nicht geschlechtsneutral ist. Vielen Männern fällt es im Vergleich zu Frauen deutlich schwerer, sich zu entschuldigen. Die Angst davor, durch eine Entschuldigung in eine Position der Schwäche zu kommen, ist unter Männern eher verbreitet.
Ein gesundes Selbstbewusstsein hilft, sich zu entschuldigen
Tatsächlich machen wir uns mit einer Entschuldigung nur dann kleiner, wenn wir klein beigeben und die Entschuldigung um des lieben Friedens willen abgeben. Wenn es sich aber um eine ehrliche Entschuldigung handelt, die ein echtes Bedauern über das eigene Handeln ausdrückt, stärkt das längerfristig das eigene Selbstbewusstsein. Derjenige, der sich entschuldigt spürt, dass er einen Fehler oder ein Fehlverhalten zugeben kann, ohne sich schlecht fühlen zu müssen. Im Gegenteil. Diese Offenheit wird als Stärke gewertet und zahlt auf das eigene Selbstbewusstsein ein. Und auch umgekehrt gilt nach meiner Erfahrung: Menschen, die über ein gesundes Selbstbewusstsein verfügen, können sich zumeist auch deutlich leichter und schneller entschuldigen. Mehr zum Thema Selbstbewusstsein und Paarbeziehung erfahren Sie auch unter Selbstakzeptanz / Selbstbewusstsein
Ein weiteres wesentliches Element ist Selbstreflexion
Damit sind wir bei dem Punkt Selbstreflexion angelangt. Wer sich gut von außen betrachten und selbst reflektieren kann, spürt überhaupt erst, was er getan hat und wie das auf einen Dritten, z.B. den Partner, gewirkt hat. Diese Erkenntnis ist eine wichtige Voraussetzung für den Akt des Entschuldigens. Menschen, die weniger Selbstreflexion zeigen, tun sich auch mit dem Entschuldigen schwer.
Mit einer Entschuldigung übernehmen wir Verantwortung
Ein weiteres wesentliches Element ist die Übernahme von Verantwortung. Derjenige, der sich für sein Handeln verantwortlich fühlt und Verantwortung übernimmt, wird auch leichter bereit sein, zu seinem Handeln zu stehen und sich deshalb auch zu entschuldigen.
Wie sollte eine Entschuldigung aufgebaut sein
Eine ehrlich gemeinte Entschuldigung sollte folgende Elemente beinhalten:
- die Beschreibung des eigenen Verhaltens, für das ich Verantwortung übernehme
- die Einsicht, dass dieses Verhalten den anderen verletzt hat
- die Zusage, dass dieses Verhalten zukünftig nicht mehr vorkommt
Beispiel
„Es tut mir leid, dass ich dich angebrüllt habe. Das war nicht in Ordnung und hat Dich sicher verletzt. Es kommt nicht wieder vor.“
Wenn die Entschuldigung so aufgebaut ist, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Partner sie annimmt. Dadurch kann sich die Beziehungssituation entspannen und ein Neuanfang gelingen, wenn der andere zur Vergebung bereit ist.
Entschuldigen Sie sich für ihr Verhalten und nicht für sich als Person
Bei der Entschuldigung kommt es darauf an, zwischen dem Verhalten einer Person und der Person selbst zu differenzieren. Nicht die Person ist schlecht oder fehlerhaft, es ist das Verhalten dieser Person in der Situation. Machen Sie sich also nicht selbst fertig und werten Sie sich nicht selbst ab. Das würde wiederum neue Probleme kreieren. Stehen Sie zu Ihrem fehlerhaften Verhalten und akzeptieren Sie sich trotzdem als Person.
Häufige Fehler beim Entschuldigen
Manchmal wird eine Entschuldigung um das Wörtchen „aber“ ergänzt. Das schwächt die Wirkung der Entschuldigung deutlich ab. Einer der Beteiligten versucht sich zu rechtfertigen und schiebt einen Teil seiner eigenen Verantwortung auf den Partner, z.B. „ich wollte dich nicht vor den Freunden blamieren, aber du hast mich mit deinem Gesichtsausdruck provoziert.“
Weiteres Beispiel für eine misslungene Entschuldigung:
„Es tut mir leid, dass ich dich zu spät abgeholt habe, aber das ist dir ja auch schon oft passiert.“
Ein zweites Problem ist das inflationäre Verwenden von Entschuldigungen. Den Entschuldigungen müssen Taten folgen. Wenn aus der Einsicht keine Verhaltensänderung folgt, ist eine mehrfach wiederholte Entschuldigung deutlich weniger wert.
Eine Verbesserung der Beziehung kann dann gelingen, wenn ihr Partner die Entschuldigung annimmt und verzeiht. Dies ist letztlich eine Entscheidung des Partners, die sie nicht oder nur bedingt beeinflussen können. In meinem nächsten Blog werde ich intensiver auf den Prozess des Verzeihens und der Vergebung eingehen.
Geeignete Übungen
Mein Anliegen in der Paartherapie ist es, mit geeigneten Übungen / Interventionen die Bereitschaft für Entschuldigung und Verzeihen zu fördern. Mehr zu meinem Konzept finden Sie auch auf Mein Konzept
Deshalb nutze ich die Paartherapie-Sitzungen, um auszuloten, ob die Partner für diesen Prozess bereit sind bzw. was sie noch benötigen, um sich wirklich zu entschuldigen und zu verzeihen.
Häufig erlebe ich, dass Paare, die durch diesen Prozess gegangen sind, sich wieder mit mehr Vertrauen begegnen.
Das Instrument des Paargesprächs, welches ich bereits in einem früheren Blog beschrieben habe, hilft, sich wechselseitig zu öffnen, Fehler einzugestehen und um Verzeihung zu bitten.
Hans-Georg Lauer
Paartherapeut in Köln und Bonn
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