Das sexuelle Begehren in langjährigen Paarbeziehungen
- Posted by Hans-Georg Lauer
- On 19. Mai 2019
- 1 Comments
- langjährige Beziehung, langjährige Paarbeziehung, Leidenschaft, Sex, sexuelle Begehren, sexuelle Unlust, sexuelles Verlangen
Was tun, wenn das sexuelle Begehren ausbleibt?
Was ist das wichtigste für Sie in der Beziehung? Gibt es ein Thema, welches Sie als Paar so sehr beschäftigt wie Sex? Empirische Längsschnittstudien u.a. von Gunter Schmidt, Hamburger Sexualwissenschaftler, zeigen, dass auch in langjährigen Paarbeziehungen die Sexualität einen ganz zentralen Punkt einnimmt. Wenn das sexuelle Begehren ausbleibt, ist das Ende der Beziehung häufig nicht weit.
Hoher Leidensdruck
Als Paartherapeut in Bonn und Köln sehe ich immer wieder Paare mit einem hohen Leidensdruck, wenn es um das sexuelle Verlangen in einer langjährigen Partnerschaft geht. Vieles stimmt in der Beziehung. Über die Jahre sind Sie als Paar gewachsen. Die Partner sind miteinander vertraut, schätzen sich und sind weitestgehend glücklich. Bis auf einen Punkt: Ihnen ist das sexuelle Verlangen abhandengekommen. Mir geht es nicht um eine kürzere Phase der Lustlosigkeit. Diese kann es aus unterschiedlichsten Gründen (Jobstress, Erkrankung, usw.) geben. Mir geht es im folgenden um eine längere Zeit von sexuellem Desinteresse.
Das Paar hat sich irgendwie damit arrangiert, glücklich ist es aber nicht. Häufig ist es einer der Partner, der daran leidet, dass er selbst kein Verlangen mehr spürt oder vom Partner nicht mehr sexuell begehrt wird. Nach meiner Erfahrung als Paartherapeut ist dies zumeist ein schleichender Prozess.
Rückläufige Leidenschaft in langjährigen Beziehungen
Es scheint „normal“ zu sein, dass die Leidenschaft in langjährigen Beziehungen abnimmt. Wenn Sie sich im Freundeskreis umhören oder Berichte aus den Medien sehen, so tauchen häufig dieselben Klagen auf. Aber ist das eine zwangsläufige Entwicklung? Quasi ein Naturgesetz? Laut einer Erhebung der Zeitschrift „Psychologie heute“ sind ca. 48% der Deutschen mit ihrem Sexleben unzufrieden. Nicht anders sieht es in den USA aus. Auch da zeigen groß angelegte Studien, dass jede dritte Frau und jeder sechste Mann (Altersbereich 18 – 59) kein sexuelles Verlangen verspürt.
Bei kaum einem anderen Thema gibt es allerdings so viele Mythen und Vorurteile wie rund um die Sexualität.
Typische Mythen und Vorurteile
- In langjährigen Beziehungen flacht die Kurve des Begehrens zwangsläufig ab
- Ein Mann kann immer und will auch immer
- Eine Affäre kann die Sexualität beleben
- Der Versöhnungssex nach einem Streit ist besonders gut
- usw.
Muss das sexuelle Begehren von den ersten Schmetterlingsgefühlen im Bauch bis zur reifen Beziehung zwangsläufig zurückgehen oder können wir dagegen etwas tun? In meinem aktuellen Blog möchte ich das Thema des sexuellen Verlangens in langjährigen Paarbeziehungen aufgreifen.
Sex in der Phase der Verliebtheit
Denken Sie zurück, wie es bei Ihnen in der Anfangsphase Ihrer Beziehung war. Wahrscheinlich konnten sie kaum die Finger voneinander lassen. Alles war sehr intensiv. Höchstwahrscheinlich dachten sie sehr häufig aneinander. Sie wollten den Partner sehen und die Sexualität mit ihm genießen. Dann konnten sie es nicht erwarten, sich zu treffen. Wahrscheinlich hatten sie häufigen Sex miteinander.
Das hat die Natur sehr gut eingerichtet. Es sind insbesondere drei Hormone, die für unser Paarungsverhalten verantwortlich sind. Das Oxytocin, das so genannte Bindungshormon, sorgt für die Bindung eines Paares. Das Dopamin, unser Glückshormon, sorgt für die starken Glücksmomente beim Sex. Zuversicht und Selbstbewusstsein werden nicht zuletzt durch das Hormon Testosteron, das männliche Hormon, gefördert. Dieser Hormon Cocktail ist in der Verliebtheitsphase im Übermaß vorhanden.
Sex im Alltag
Bei den meisten Paaren schleicht sich irgendwann der Alltag mit all seinen Sorgen und Ängsten ein. Vielleicht finden Sie Ihren Partner noch attraktiv aber nicht mehr so aufregend wie zu Beginn der Beziehung. Das Oxytocin hat für Bindung gesorgt und Sie glauben, sich nicht mehr täglich für die Beziehung einsetzen zu müssen.
Sex als Bühne für die Beziehungsprobleme
Nach meiner Erfahrung ist Sexualität die Bühne, auf der sich die Beziehungsprobleme eines Paares spiegeln. Was meine ich damit? Je liebevoller und zugewandter Sie in der Beziehung sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass Ihr Verhalten beim Partner als positiv wahrgenommen wird und dies auch zu einem vermehrten Wunsch nach Sex führt. Umgekehrt gilt: wenn Sie anfangen, dem Partner nicht mehr aufmerksam zuzuhören, wenn Sie sich seltener berühren und seltener Zeit füreinander nehmen, wird sich dies wahrscheinlich negativ auf Ihre Sexualität und das sexuelle Begehren auswirken.
Nicht immer ist das den Beteiligten bewusst. Wenn Sie sich also mit Ihrer Sexualität und Ihrem sexuellen Verlangen beschäftigen, geht dies zumeist nicht ohne die Auseinandersetzung mit dem aktuellem Stand Ihrer Beziehung.
„Verletzungen“ in langjährigen Beziehungen
Vielleicht ist das Vertrauen in den Partner gestört. Oder es gab es einen Fall von Untreue. Vielleicht ein schleichendes Desinteresse des anderen Partners. Viele Paare wollen einander wieder vertrauen, werden aber immer wieder zurückgeworfen. Sie befinden sich in einem Teufelskreis aus Eifersucht und Kontroll-Vorwürfen mit entsprechenden Folgen für ihre Sexualität.
Intimität setzt Vertrauen voraus. Sich fallen lassen geht nur, wenn ich meinem Partner 100 % vertraue. Beginnen Sie mit einem „Verzeihens-Prozess“ und überwinden Sie die alten Verletzungen, um sich auch sexuell wieder auf den Partner einzulassen. Mehr hierzu erfahren Sie in meinem Beitrag Verzeihen in Paarbeziehungen .
Was tun, um das sexuelle Begehren anzuregen – Sechs Wege aus Lustlosigkeit
1. Sich um die Beziehung kümmern
Was führt zu Diskussionen und Streit? Was schlägt auf die Stimmung von Ihnen beiden? Kümmern Sie sich um die Beziehung und räumen Sie Konflikte aus dem Weg. Praktizieren Sie stattdessen einen wertschätzenden Umgang miteinander. Geben Sie Ihrem Partner/Ihrer Partnerin das Gefühl, sich echt für sie / ihn zu interessieren. Wenn es tiefergehende Beziehungsprobleme gibt, lohnt sich der Gang zum Paartherapeuten. Wenn Sie an ihren Problemen arbeiten, häufig auch einen positiven Effekt auf das Begehren.
2. Die Zeit der ersten Verliebtheit wieder entdecken
Was haben Sie in der Zeit der ersten Verliebtheit unternommen? Wie intensiv haben Sie sich um Ihren Partner bemüht? Sicherlich waren Sie einander sehr zugewandt. Was genau haben Sie unternommen? Ich schlage Ihnen eine praktische Übung vor. Erstellen Sie eine Liste Ihrer Verhaltensweisen, die typisch für diese Phase der Verliebtheit war. Greifen Sie dieses Verhalten wieder auf und tun Sie sich etwas Gutes.
3. Zu viel Nähe ist Gift für das sexuelle Begehren
Falls Sie wie Geschwister unterwegs waren, achten Sie zukünftig darauf, selbständiger zu werden. Damit sich die Leidenschaft wieder einstellt, müssen Sie sich voneinander differenzieren. Sie sind Individuen, aber vielleicht nicht mehr als solche erkennbar. Sorgen Sie für Abstand. Seien Sie wieder als Einzelperson erkennbar
4. Sich selbst attraktiv machen, attraktiv fühlen
Wie wir bereits festgestellt haben, hat Sex etwas mit Verlangen und Leidenschaft zu tun. Um das sexuelle Verlangen zu steigern, müssen Sie sich selbst wie eine aufregende, attraktive Person fühlen. Fangen Sie bei sich selbst an. Wie geht es Ihnen mit Ihrem Körper? Fühlen Sie sich wohl in Ihrer Haut? Beschäftigen Sie sich mit Ihrem Körperbild. Sorgen Sie dafür, dass Sie sich wohl mit sich selbst fühlen.
5. Sex ist keine Pflichterfüllung
Wie stark erfüllen Sie Ihrem Partner ein Bedürfnis bzw. wie groß ist ihr Eigeninteresse an Sex? Bitte versuchen Sie hierauf eine ehrliche Antwort zu geben. Sich auf Sex einzulassen, nur um die Beziehung nicht zu gefährden, ist keine gute Motivatotion.
6. Entdecken Sie Ihr eigenes sexuelles Profil
Der Sexualforscher Ulrich Clement plädiert dafür, neugierig auf den Unterschied zwischen den Partnern zu werden. Schauen Sie auf Ihre Haltung zur Sexualität. Clement spricht vom eigenen sexuellen Profil. Was mögen Sie in Ihrer aktuellen Lebensphase, welche Wünsche hat Ihr Partner? Lösen Sie sich von der Vorstellung, Sie wüssten bereits alles über die Vorlieben Ihres Partners. Indem Sie sich tiefer austauschen, kann Neues entstehen. Das Neue kann auch wieder mehr Lust aufeinander machen.
Paarberatung KölnBonn
Als Paartherapeut in Bonn und Köln unterstütze ich Sie dabei, das sexuelle Begehren wieder aufleben zu lassen. Mangelndes sexuelles Begehren ist ein wichtiges Signal. Gemeinsam analysieren wir, ob es an einem allgemeinen Beziehungsproblem liegt oder ob es wirklich nur um den Sex geht. Als Paartherapeut in Bonn und Köln halte ich es für sinnvoll, diese Unterscheidung frühzeitig zu machen. Wenn Sie sich lieben und es keine „alten Verletzungen“ gibt, Sie sich aber nicht mehr erotisch anziehend finden, gibt es Strategien, wie Sie dieses Dilemma überwinden können. Gemeinsam entwickeln wir Pläne.
In meiner Paarberatung in Köln und Bonn helfe ich Ihnen, das Thema systematisch und entspannt anzugehen ohne es zu dramatisieren. Mehr zu meiner Methodik finden Sie auch auf Systemische Paarberatung .
Bitte treten Sie mit mir in Kontakt, wenn Sie mehr zu diesem Thema erfahren wollen oder meine Paartherapie / Paarberatung aufsuchen möchten.
Ihr Hans-Georg Lauer
Paartherapeut in Bonn und Köln
1 Comment