Der ewige Streit ums liebe Geld – Wie Sie als Paar mit dem „lieben Geld“ umgehen lernen
- Posted by Hans-Georg Lauer
- On 26. Mai 2018
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Wenn zwei Menschen zu einem Paar zusammenfinden, dann hat das je nach Lebensmodell und Lebensplänen Auswirkungen auf die Rollen und die damit verbundenen Aufgaben in der Beziehung. Zusammenleben will organisiert sein. Wenn dieses Zusammenleben gemeinsam erfolgen soll, dann bekommen ganz banale Dinge des Alltags eine neue Bedeutung. So auch das liebe Geld.
Deshalb stellt sich in den meisten, auf Dauer angelegten Beziehungen irgendwann die Frage nach der Rollenverteilung in der Beziehung. Damit geht oft die Frage nach dem „Hauptverdiener“ einher. Dies tritt spätestens dann ein, wenn aus dem Paar eine Familie wird und Phasen der Kindererziehung hinzukommen. Da viele junge Frauen in der heutigen Zeit beruflich aktiv sein wollen, hat das Modell des Manns als Alleinverdiener weitestgehend ausgedient. Unabhängig von der Ausbildung der Frau sind es heutzutage zumeist noch die Mütter, die beruflich zurückstecken.
Wenn sich dann ein Hauptverantwortlicher für das Geldverdienen herausbildet, resultiert hieraus häufig eine neue Machtverteilung in der Beziehung (d.h. wer entscheidet über die Mittelverwendung). Diese neue Konstellation kann für viele Paare schwer zu ertragen sein. In meiner Praxis erlebe ich es immer wieder, dass über diese Konflikte nur sehr wenig (man will ja die Liebe nicht zerstören) oder sehr strittig kommuniziert wird. Liebe Geld ist nach wie vor eines der größten Tabuthemen in Beziehungen.
Häufige Konflikt-Themen in diesem Zusammenhang sind:
- Gemeinsame oder getrennte Konten
- Transparenz über die Budget-Situation
- Aufteilung der Kosten (Lebenshaltung, Urlaub, Anschaffungen) zwischen den Partnern
- Verteilung des Haushalts-Einkommens
- Unterschiedliche Konsumwünsche
- Unterschiedliche Spar- und Sicherheitsbedürfnisse
Paare tun sich schwer, über Geld zu reden
Denn bei keinem anderen Thema tun sich die meisten meiner Paare so schwer wie in Geldfragen. Oftmals wird das Thema Geld / Finanzen ähnlich tabuisiert wie das Thema Sex. Sei es die Frage nach der gemeinsamen Kontenführung oder die Frage, wie die Kosten zwischen den Partnern aufgeteilt werden.
Schnell kann es bei Geld-Themen zu fundamentalen Konflikten in der Partnerschaft kommen. Denn am Thema Geld wird auch häufig die Frage des Selbstwertes festgemacht. Geld steht für Macht und Macht wiederum für Selbstwert. In Partnerschaften, bei denen die Partner über einen unterschiedlich ausgeprägten Selbstwert verfügen, kann das Geldthema zum Kristallisationspunkt von Konflikten werden.
Diese Konflikte sind nach meiner Erfahrung häufig schwerwiegend und nicht durch einige wenige Gespräche zu lösen. Konflikte um das „liebe Geld“ drücken häufig viel tieferliegende Paarprobleme aus. Zumeist spielen hier frühe Prägungen zu Finanzthemen aus der Herkunftsfamilie eine nicht unbedeutende Rolle.
Anstatt sich frühzeitig, offen und sachlich über finanzielle Fragen auszutauschen, haben manche Paare die Vorstellung, Gespräche über Geld würden die Liebe zerstören. Nach meiner Erfahrung als Paartherapeut ist das Gegenteil richtig. Oftmals erlebe ich es in meiner Paartherapie so, dass das Schweigen zu Geldfragen der Paarbeziehung schadet. Im schlimmsten Fall können die Finanzen dann tatsächlich eine Paarbeziehung zu Fall bringen. Spätestens im Falle einer Scheidung holt die Paare das Finanzthema wieder ein.
Ein Beispiel aus meiner Praxis
In meiner Praxis erschienen Ulrich (49) und Claudia (45). Die beiden sind langjährig verheiratet und haben zwei Kinder (16 und 13 Jahre). Er ist Partner in einer Steuerberatungs-Kanzlei, sie Pharmazeutin. Nach vielen Jahren der Kindererziehung hat Claudia einen Teilzeitjob in einer größeren Apotheke angenommen. Ihr Einkommen macht einen Bruchteil seines Einkommens aus. Das Paar führt seit einigen Jahren einen heftigen Streit um Geld-Themen. Claudia fühlte sich in Geldfragen kontrolliert, Ulrich in seinen Sparwünschen nicht ernstgenommen. Ihn treibt die Sorge um, Claudia könne nicht mit Geld umgehen. Sie fühlt sich gegängelt. Das Geld, das sie von Ulrich überwiesen bekomme, reiche oft nicht zum Bestreiten der Ausgaben für Kinder und Haushalt, was Ulrich nicht verstehen kann. Er wiederum macht sich Sorgen um die finanzielle Zukunft.
Inzwischen waren die Streits zum Thema Geld zum Teil heftig eskaliert und hatten eine eigene Dynamik entwickelt. Hieraus waren Verletzungen, Rückzug und Feindseligkeiten entstanden.
Als das Paar zu mir kam, war ihr Anliegen, die heftigen Streits über Geldfragen einzustellen und wieder mehr Zuneigung für den Partner entwickeln zu können. Weil es nicht nur in Gelddingen häufig eskalierte, hatten über die Paar-Zeiten zuletzt deutlich abgenommen. Es herrschte Unverständnis auf beiden Seiten. Sex und ein gemeinsames Liebesleben gehörten der Vergangenheit an.
Frühe Sozialisation in Geldfragen ist prägend
Neben der frühen Sozialisation in Geldfragen (Herkunftsfamilie) spielen soziale Schicht, Generation und Geschlechterrolle eine wesentliche Rolle bei der Frage, welcher Umgang mit Finanzen präferiert wird. Selbst wenn beide Partner derselben sozialen Schicht und derselben Generation entstammen, kann es durch die unterschiedlichen Geld-Erfahrungen in der Herkunftsfamilie zu erheblichen Unterschieden beim Umgang mit diesem Thema kommen.
In meiner Paartherapie habe ich mit dem Paar sowohl an ihren Kommunikationsfähigkeiten (Kommunikation in der Paarbeziehung) als auch an ihrer Macht-Balance gearbeitet. In ihren Herkunftsfamilien herrschte ein sehr unterschiedlicher Umgang mit dem Thema Finanzen. Während Ulrich in kleinbürgerlichen Verhältnissen aufwuchs und Geld immer knapp war, war Claudia, aus einem bürgerlichen Milieu einer Großstadt stammend, von ihren Eltern nicht nur verwöhnt worden sondern hatte auch frühzeitig Kompetenzen in Finanzfragen erworben.
Arbeit an der Herkunftsfamilie
Durch die Arbeit an ihren Prägungen aus der Herkunftsfamilie konnten beide ihre eigenen Verhaltens-Präferenzen und die des Partners besser verstehen und lernten, ihre Geldthemen miteinander zu besprechen, ohne ihr „Selbstwert-Gefühl“ in Gefahr zu sehen. Auf der Rollen-Ebene waren sie danach in der Lage, Aufgaben neu zu verteilen. So bekam Claudia nicht nur komplette Transparenz über die Einkommens- und Vermögenssituation ihres Mannes, sondern übernahm auch die Budget-Planung für die Familie. Ulrich hatte sich selbst und seine Verhaltenstendenz besser „verstanden“, schöpfte neues Vertrauen gegenüber seiner Frau und war bereit, die Budget-Aufgabe an seine Frau abzugeben.
Ausgleich in anderen Beziehungs-Feldern
Ist die Macht-Balance aufgrund von Geldfragen in einer Beziehung gestört, so sucht sich der unterlegene Partner häufig einen Ausgleich auf einem anderen Feld. Häufig entstehen dann neue „Kriegsschauplätze“ oder Konfliktfelder, um einen Machtausgleich für das liebe Geld zu schaffen.
In manchen Beziehungen kann das dazu führen, dass Sex zu einem Machtinstrument genutzt wird. In anderen Beziehungen wird der Partner von engen Beziehungen zu seinen Kindern oder Freunden ausgeschlossen. Zumeist sucht der in Geldfragen unterlegene Partner unbewusst eine Machtprobe in einem anderen Beziehungsfeld. Materieller Wohlstand auf der einen Seite und emotionale Wärme auf der anderen Seite sind dabei die Hauptfelder, auf denen die Partner miteinander konkurrieren.
Spätestens wenn sich die Konflikte um das liebe Geld inklusive der Nebenkriegsschauplätze verselbstständigen, ist es an der Zeit, als Paar externe Unterstützung in Form einer Paartherapie in Anspruch zu nehmen. Zumeist kann ein unabhängiger Dritter sehr viel deutlicher sehen, welche Konflikte vorliegen und welche Hintergründe es gibt. Meine Erfahrung als Paartherapeut in Köln und Bonn zeigt, es lohnt sich, die Geld-Themen anzugehen, selbst wenn das liebe Geld noch so heiß ist.
Hans-Georg Lauer
Paartherapeut in Köln und Bonn
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