Finanzen als konfliktträchtiges Thema in Paarbeziehungen
- Posted by Hans-Georg Lauer
- On 17. März 2017
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Was Sie als Paar beim „lieben Geld“ beachten sollten
In den meisten auf Dauer angelegten Beziehungen stellt sich irgendwann die Frage nach der Rollenverteilung und damit nach der des „Hauptverdieners“. Dies tritt spätestens dann ein, wenn aus dem Paar eine Familie wird und Phasen der Kindererziehung hinzukommen. In der heutigen Zeit hat das Modell des Manns als Alleinverdiener zwar weitestgehend ausgedient. Unabhängig von der Ausbildung der Frau sind es heutzutage zumeist noch die Mütter, die beruflich zurückstecken. Finanzen in Paarbeziehungen sind immer wieder ein Thema in meiner Paarberatung.
Wenn sich dann ein Hauptverantwortlicher für das Geldverdienen herausbildet, resultiert hieraus häufig eine neue Machtverteilung in der Beziehung (d.h. wer entscheidet über die Mittelverwendung). Diese neue Konstellation kann für viele Paare schwer zu ertragen sein. Und dennoch wird nur wenig oder sehr konflikthaft über das Geld kommuniziert (man will ja die Liebe nicht zerstören).
Paare tun sich schwer, über Geld zu reden
Denn bei keinem anderen Thema tun sich die meisten meiner Paare so schwer wie in Geldfragen. Oftmals wird das Thema Geld / Finanzen ähnlich tabuisiert wie das Thema Sex. Sei es die Frage nach der gemeinsamen Kontenführung oder die Frage wie die Kosten zwischen den Partnern aufgeteilt werden, schnell kann es bei Geld-Themen zu fundamentalen Konflikten in der Partnerschaft kommen.
Diese Konflikte sind nach meiner Erfahrung häufig schwerwiegend und nicht durch einige wenige Gespräche zu lösen. Es handelt sich also keineswegs um Missverständnisse oder Lappalien, wenn es bei Finanzthemen zu keinem Gespräch kommt. Konflikte um das „liebe Geld“ drücken häufig viel tieferliegende Paarkonflikte aus. Zumeist spielen hier frühe Prägungen zu Finanzthemen aus der Herkunftsfamilie eine nicht unbedeutende Rolle.
Häufige Konflikt-Themen in diesem Zusammenhang sind:
- Gemeinsame oder getrennte Konten
- Transparenz über die Budget-Situation
- Aufteilung der Kosten (Lebenshaltung, Urlaub, Anschaffungen) zwischen den Partnern
- Verteilung des Haushalts-Einkommens
- Unterschiedliche Konsumwünsche
- Unterschiedliche Spar- und Sicherheitsbedürfnisse
Einer Studie der Comdirekt Bank aus dem Jahr 2010 zufolge sprechen die Deutschen noch seltener über Geld als über Sex. Neben Gewalt und Sex ist Geld eines der wenigen großen Tabuthemen in deutschen Familien.
Anstatt sich frühzeitig, offen und transparent über finanzielle Fragen auszutauschen, scheinen viele Paare der Vorstellung nachzuhängen, Gespräche über Geld würden die Liebe zerstören. Nach meiner Erfahrung als Paartherapeut ist das Gegenteil richtig. Oftmals erlebe ich es in meiner Paartherapie so, dass das Schweigen zu Geldfragen der Paarbeziehung schadet. Im schlimmsten Fall können die Finanzen dann tatsächlich eine Paarbeziehung zu Fall bringen. Spätestens im Falle einer Scheidung holt die Paare das Finanzthema sowieso ein.
Frühe Sozialisation in Geldfragen ist prägend
Neben der frühen Sozialisation in Geldfragen (Herkunftsfamilie) spielen soziale Schicht, Generation und Geschlechterrolle eine wesentliche Rolle bei der Frage, welcher Umgang mit Finanzen präferiert wird. Selbst wenn beide Partner derselben sozialen Schicht und derselben Generation entstammen, kann es durch die unterschiedlichen Geld-Erfahrungen in der Herkunftsfamilie zu erheblichen Unterschieden beim Umgang mit diesem Thema kommen (mehr hierzu finden Sie z.B. bei Prof. Dr. Haubl, Frankfurt).
Ein Beispiel aus meiner Praxis
So spielte es sich auch bei Georg (45) und Monika (42) ab. Die beiden sind langjährig verheiratet und haben zwei Kinder (14 und 11 Jahre). Er ist Anwalt und Partner in einer mittelständischen Sozietät, sie ist Innenarchitektin und hat vor 1,5 Jahren einen Teilzeitjob in einem größeren Architekturbüro aufgenommen. Ihr Einkommen macht einen Bruchteil seines Einkommens aus. Besonders häufig geht es in ihren Konflikten um die Rollenaufteilung und um Geld-Fragen.
Als das Paar zu mir kam, war ihr Anliegen, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen, ohne jedes Mal zu streiten. Sie fühlte sich in Geldfragen übergangen und nicht ernst genommen. Er hatte das Gefühl, kaum Einfluss auf die Ausgaben für Kinder, Freizeit und Haus nehmen zu können und machte sich Sorgen um die finanzielle Zukunft. Beide haben so gut wie nicht über Geld kommuniziert und sich über die Jahre auseinander gelebt. Weil es nicht nur in Gelddingen häufig eskalierte, hatten über die letzten Jahre die Paar-Zeiten deutlich abgenommen, insbesondere nachdem Monika eine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen hatte. Sex und ein gemeinsames Liebesleben gehörten der Vergangenheit an.
In meiner Paartherapie habe ich mit dem Paar sowohl an ihren Kommunikationsfähigkeiten als auch an ihrer Macht-Balance gearbeitet. In ihren Herkunftsfamilien herrschte ein sehr unterschiedlicher Umgang mit dem Thema Finanzen. Während Georg in relativ ärmlichen, landwirtschaftlich geprägten Verhältnissen aufwuchs und Geld immer knapp war, war Monika, aus einem bürgerlichen Milieu einer Großstadt stammend, von ihren Eltern nicht nur verwöhnt worden sondern hatte auch frühzeitig Kompetenzen in Finanzfragen erworben.
Arbeit an der Herkunftsfamilie
Durch die Arbeit an ihren Prägungen aus der Herkunftsfamilie konnten beide ihre eigenen Verhaltens-Präferenzen und die des Partners besser verstehen und lernten, miteinander ihre Geldthemen zu besprechen, ohne ihr „Selbstwert-Gefühl“ in Gefahr zu sehen. Auf der Rollen-Ebene waren sie danach in der Lage, Aufgaben neu zu verteilen. So bekam Monika nicht nur komplette Transparenz über die Einkommens- und Vermögenssituation ihres Mannes, sondern übernahm auch die Budget-Planung für die Familie. Georg hatte sich selbst und seine Verhaltenstendenz besser „verstanden“, schöpfte neues Vertrauen gegenüber seiner Frau und war bereit, die Budget-Aufgabe an seine Frau abzugeben.
Ausgleich zu Finanzen in anderen Beziehungs-Feldern
Ist die Macht-Balance aufgrund von Geldfragen in einer Beziehung gestört, so sucht sich der unterlegene Partner häufig einen Ausgleich auf einem anderen Feld. So wie bei Georg und Monika. Häufig entstehen dann neue „Kriegsschauplätze“ oder Konfliktfelder, um einen Machtausgleich zu schaffen. In manchen Beziehungen kann das dazu führen, dass Sex zu einem Machtinstrument genutzt wird. In anderen Beziehungen wird der Partner von engen Beziehungen zu seinen Kindern oder Freunden ausgeschlossen. Zumeist sucht der in Geldfragen unterlegene Partnerunbewusst eine Machtprobe in einem anderen Beziehungsfeld. Materieller Wohlstand auf der einen Seite und emotionale Wärme auf der anderen Seite sind dabei die Hauptfelder, auf denen die Partner miteinander konkurrieren.
Spätestens wenn sich die Konflikte Konflikte und Krisen um das liebe Geld inklusive der Nebenkriegsschauplätze verselbstständigen, ist es an der Zeit, als Paar externe Unterstützung in Form einer Paartherapie in Anspruch zu nehmen. Zumeist kann ein unabhängiger Dritter sehr viel deutlicher sehen, welche Konflikte vorliegen und welche Hintergründe es gibt. Meine Erfahrung als Paartherapeut in Köln und Bonn zeigt, es lohnt sich, die Geld-Themen anzugehen, selbst wenn das „liebe Geld“ noch so heiß ist.
Hans-Georg Lauer
Paartherapeut in Köln und Bonn