Streit ums Kinder kriegen
- Posted by Hans-Georg Lauer
- On 12. März 2019
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- Infertilität, Kinderwunsch, Paarberatung, paartherapeut, Paartherapie, Unerfüllter Kinderwunsch
Unerfüllter Kinderwunsch bei Paaren
Für viele Menschen ist es ein zentrales Lebensziel, ein Kind in die Welt zu setzen. Es mag altbacken klingen, aber für die Mehrzahl der Deutschen sind eine funktionierende Ehe, Kinder und ein eigenes Heim wesentliche Ziele im Leben, wie eine Studie des Versicherungsunternehmens Gothaer zeigt. Demnach bezeichnen 92% der Deutschen die Familie und insbesondere Kinder als ihr größtes Lebensziel. Ein unerfüllter Kinderwunsch kann für viele Paare deshalb zur starken Belastung für die Paarbeziehung werden.
In meiner Paarberatung erlebe ich immer wieder Paare, die vor schwierigen Entscheidungen stehen, wenn es um ihren Kinderwunsch geht. Oftmals sind sich Paare bei diesem Thema nicht einig. Der eine Partner möchte ein Kind, der andere lehnt ab. Dem einen kann es nicht schnell genug mit dem Nachwuchs gehen, der andere will lieber noch warten. Diese Situation kann sich hochschaukeln. Jeder versteift sich auf seine Position und eine gemeinsame Entscheidung wird scheinbar unmöglich.
Wenn sich die Positionen zum Kinderthema verhärten, sind starke Stimmungsschwankungen, Selbstwert-Zweifel und Vorwürfe häufig die Folge. Das Klima in der Beziehung wird rauer und erste Zweifel an der Fortsetzung der Partnerschaft tauchen auf.
Bedürfnis nach Fortpflanzung
Gerade bei Frauen ist das Bedürfnis nach Fortpflanzung tief verankert. Die Natur hat dies über den Weg der Hormone so eingerichtet. Es kommen aber auch Männer in meine Praxis, bei denen der Kinderwunsch stärker als bei ihrer Partnerin ausgeprägt ist. Zweifelsohne gehört der Kinderwunsch zu den stärksten Gefühlen, die Menschen erleben können. Der Kinderwunsch ist ein elementares Bedürfnis, weshalb es so wichtig ist, dass sich Paare mit dieser Situation auseinandersetzen und darüber ausführlich und häufig sprechen.
Die Sehnsucht nach einem Kind hat manche Paare schon an den Rand der Verzweiflung gebracht. Sei es, dass das Paar höchst uneinig über den Kinderwunsch ist. Sei es, dass sich beide ein Kind wünschen, sich aber eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege nicht einstellt. Diese Situation kann bei einem Paar einen enormen Druck aufbauen. Es kommt eventuell zu Verdächtigungen oder Vorwürfen, Stress und Belastung in der Beziehung nehmen deutlich zu.
Wenn die biologische Uhr zu ticken beginnt
Gerade wenn in der Wahrnehmung der Frau die „biologische Uhr“ zu ticken beginnt, spitzt sich die Situation des Paares häufig zu. Zumeist sind die Männer noch nicht bereit. Sie fühlen sich zu jung oder zu alt. Der Streit um den richtigen Zeitpunkt ist vorprogrammiert.
Eine Entscheidung zu treffen fällt schwer – drei Phasen der Entscheidung
In einer ersten Phase fällt es den Paaren sehr schwer, eine klare Haltung zu beziehen, offen über das Thema zu sprechen bzw. eine Entscheidung zu fällen. Die Fortsetzung der Beziehung ist beiden ein Anliegen. Deshalb versuchen die Partner es eine Zeit lang damit, das Thema zu vermeiden oder wohlwollend zu besprechen.
Das Thema Unerfüllter Kinderwunsch wird in einer zweiten Phase immer Angst-besetzter und drängender. In dieser zweiten Phase stellen sich vermehrt Streit, Niedergeschlagenheit und Traurigkeit ein. Die Paare behelfen sich damit, das Thema zum Tabu zu erklären und eine Zeit lang wegzuschieben. Allerdings ist das keine wirkliche Lösung. Das Thema ist aufgeschoben aber nicht geklärt. Nach meiner erfahrung in der Paartherapie kommen viele Paare in dieser zweiten Phase in meine Sprechstunde.
Als Paartherapeut in Bonn und Köln sehe ich immer wieder Paare in dieser zweiten Phase, die sehr an ihrem Kinderthema leiden. Das Vertrauen in den anderen kann bereits gestört sein. Häufig fühlt sich einer der beiden unverstanden, der andere unter Druck gesetzt. Viele Paare wollen einander wieder vertrauen, werden aber immer wieder zurückgeworfen und befinden sich in einem Teufelskreis aus Druck und Unverständnis. Ein konfliktfreies Gespräch ist selten möglich.
In einer dritten Phase kommt es häufig zu einem Lösungsversuch, der entweder in die Trennung des Paares mündet oder im günstigsten Fall zu einer konstruktiven Lösung führt. Dazwischen kann ein langer Leidensweg liegen.
Gründe gegen ein Kind
Neben dem Argument des richtigen Zeitpunkts werden von den Paaren als weitere Gründe gegen ein Kind häufig die folgenden angegeben:
• Verlust der eigenen Unabhängigkeit
• Angst vor der zusätzlichen Verantwortung
• Zuspitzung der finanziellen Situation
• Sorge vor einer Verschlechterung der Beziehung
Kinder kriegen ein Armutsrisiko
Die empirische Sozialforschung zeigt, dass „Kinder kriegen“ in Deutschland immer noch ein Armutsrisiko darstellt. Aller staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zum Trotz bekommt die deutsche Mittelschicht kaum noch Kinder. In Umfragen (Fa. Allensbach) gibt ca. die Hälfte der befragten 18-44 -jährigen Kinderlosen an, ein Kind wäre ein große finanzielle Belastung. Soweit die empirische Seite. Auf der emotionalen Seite sind die existenziellen Ängste, die manche Paare bei diesem Thema umtreiben.
Als Paartherapeut ist es mir ein Anliegen, die Beteiligten dabei zu unterstützen, zu verstehen, woher ihre Sorgen kommen. Sei es die Sorge vor finanziellen Einbußen, der Verlust an Unabhängigkeit und Freizeit oder auch der Verlust an Beziehungsqualität.
Ein Blick in die Herkunftsfamilie kann helfen
Was hat in der eigenen Biografie dazu geführt, dass sich bei einem oder beiden Partnern diese Sorgen eingestellt haben? Woher kennen die Partner diese oder ähnliche Ängste? Als Paartherapeut in Köln und Bonn habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, das Paar dabei zu unterstützen, die Hintergründe ihrer Sorgen zu beleuchten.
Unerfüllter Kinderwunsch
Anders sieht die emotionale Situation bei den Paaren aus, bei denen sich beide grundsätzlich Kinder wünschen, aber keine bekommen oder bekommen können (Infertilität von Mann oder Frau). Statistisch belegt ist, dass ca. 10 % der Paare mehr als zwei Jahre brauchen, um Kinder zu bekommen. Eine Gruppe von ca. 4 % der Paare bleibt dauerhaft ungewollt kinderlos.
Von einem „unerfüllten Kinderwunsch“ spricht die WHO dann, wenn eine Frau innerhalb eines Jahres trotz regelmäßigen Geschlechtsverkehrs nicht schwanger geworden ist.
Das subjektiv empfundene Leiden kann bei diesen Paaren sehr unterschiedlich sein. Ein unerfüllter Kinderwunsch kann zu Schuldgefühlen, vergeblicher Hoffnung, Selbstwertzweifeln bis hin zu Zweifeln an der Partnerschaft führen. Oftmals wird ein unerfüllter Kinderwunsch als Schicksalsschlag erlebt, der viel Trauer und Enttäuschung mit sich bringt. Auch an den Folgen medizinischer Eingriffe können diese Paare leiden. Gerade dann, wenn Paare es aufgegeben haben, auf natürlichem Wege schwanger zu werden, kann es begleitend zur Reproduktionsmedizin sinnvoll sein, eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen.
Effekte auf das Sexleben
Das Sexleben dieser Paare kann stark beeinträchtigt sein, wenn der Sex seinen Spaß-Charakter verliert und mehr zu einem regelbasierten Pflichtprogramm fürs Kinderzeugen wird. Dies wiederum kann zu wachsender Unzufriedenheit mit der Partnerschaft führen.
Heidelberger Kinderwunsch-Sprechstunde
Um den von Kinderlosigkeit betroffenen Paaren zu helfen, haben Mitarbeiter des Universitätsklinikums Heidelberg ein spezielles Programm entwickelt, die Heidelberger Kinderwunsch-Sprechstunde (Kooperationsprojekt zur psychosomatischen Betreuung von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch, Prof. Wischmann, 2010).
Es baut auf psychologischer Beratung auf und soll den Paaren dabei helfen, emotionale Belastungen und Stress abzubauen. Die Paare sollen lernen, neue Lebensziele und Perspektiven zu entwickeln und miteinander bzw. mit Dritten besser über ihre Probleme zu sprechen. Ein wesentlicher Teil des Programms beschäftigt sich mit den Motiven für den Kinderwunsch.
Als Paartherapeut in Köln und Bonn nutze ich die Anregungen der Heidelberger Kinderwunsch-Sprechstunde.
Inhalte des Programms sind u.a.:
• Informationsdefizite beheben
• Kommunikation miteinander und mit Dritten erleichtern
• Entscheidungshilfen bezüglich medizinischer Behandlungen anbieten
• Konflikt-Bewältigung erlernen
• Sexuelle Störungen bewältigen
Was tun?
In meiner Paarberatung übe ich deshalb mit den Betroffenen, wie sie über ihren unerfüllten Kinderwunsch reflektieren und sprechen können, so dass dies vom Partner angenommen werden kann. Gemeinsam hinterfragen wir die Motive und Emotionen. Wir schauen auf die inneren Überzeugungen der Partner und auf ihre Ängste. Die Partner lernen, Ihre Erwartungen aneinander klar zu formulieren. Dies kann stabilisierend auf die Beziehung wirken.
Häufig entspannt es Paare, wenn sie verstehen, wie ihr Kinderwunsch mit ihrer Biographie verknüpft ist.
Bitte treten Sie mit mir in Kontakt, wenn Sie mehr zu diesem Thema erfahren wollen oder meine Paarberatung aufsuchen möchten.
Ihr Hans-Georg Lauer
Paartherapeut in Bonn und Köln
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