Wie den Teufelskreis einer On-Off-Beziehung überwinden?
- Posted by Hans-Georg Lauer
- On 23. April 2018
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- bedürfnisse, Beziehung, bindungsangst, Nähe und Distanz, On-Off-Beziehung
Bindungsangst in Partnerschaften
Manche meiner Paare leiden sehr an ihrer Beziehung. Oft sind beide Partner sehr aufgewühlt und suchen meinen Rat, wie es weitergehen soll. Der eine fühlt sich nach einer Phase der ersten Verliebtheit ignoriert, nicht gesehen, wenig wertgeschätzt. Der andere Partner hingegen sieht seine Unabhängigkeit bedroht, empfindet ständig Übergriffe und wünscht sich seine Freiheit zurück. Manche Paare haben sich schon mehrfach getrennt, sind aber immer wieder zusammen gekommen. Eine On-Off-Beziehung kann dann besonders kompliziert werden, wenn einer oder beide Partner zwischen Trennung und Neubeginn noch andere Partner haben.
Ein Beispiel für On-Off-Beziehung aus meiner Praxis
So war es auch bei Tom (39 Jahre, Bauingenieur) und Silvia (36 Jahre, Architektin), als sie in meine Praxis kamen. Sie hatten sich drei Jahre zuvor über ein gemeinsames Bauprojekt kennengelernt und waren sehr schnell ein Paar geworden. Beide hatten schon in längeren Beziehungen gelebt. Noch nie waren sie nach ihrer eigenen Schilderung so emotional gefangen wie in dieser Beziehung. Trotzdem hatten sie sich bereits viermal getrennt und standen jetzt, als sie zu mir in die Praxis kamen, vor der Frage, ob sie sich nicht aufgrund der häufigen Konflikte räumlich trennen sollten. Zwischen Trennung und Neubeginn hatte Tom eine neue Liebe mit einer Person begonnen, die schon länger in ihn verliebt war.
Während Tom laufend an Silvia dachte und es kaum erwarten konnte, sie zu treffen, war Silvia inzwischen auf Abstand gegangen und fühlte sich oft bedrängt. Tom schien zu klammern, was Silvia überhaupt nicht leiden konnte. Sie fühlte sich eingeengt. Tom hingegen schilderte mir seine große Sehnsucht und Abhängigkeit von Silvia. Manchmal hatte er schon versucht, eine Gleichgültigkeit vorzutäuschen, um Silvia eifersüchtig zu machen. Erfolgreich war er damit nicht. Im Gegenteil. Die neue Liebe von Tom hatte Silvia ziemlich verletzt.
Balance halten in ausgewogenen Beziehungen
In ausgewogenen Beziehungen haben sich beide Partner der Liebe des anderen versichert. Es ist ein Gleichgewicht in Bezug auf die Bedürfnisse und die damit einhergehenden Emotionen, die jeder beim andern befriedigt, entstanden. Keiner von beiden fühlt sich emotional ausgebeutet und keiner nimmt den anderen zu selbstverständlich hin.
Die Partner haben es geschafft, sich sowohl anzupassen als auch selbst zu behaupten. Indem wir uns anpassen, kann unser Bedürfnis nach Bindung erfüllt werden. Die Selbstbehauptung erfüllt unser Bedürfnis nach Autonomie.
Wie ausgewogen ist ihre Beziehung?
Um festzustellen, ob Sie in einer Partnerschaft leben, die durch Beziehungsangst geprägt ist, so wie dies bei Tom und Silvia war, sollten Sie sich die folgenden Fragen stellen:
- Ist es typisch, dass ein Partner auf den anderen, seinen Anruf oder seine Rückkehr wartet?
- Unternimmt ein Partner deutlich mehr Anstrengungen, um im Kontakt mit dem anderen zu sein?
- Möchte ein Partner deutlich mehr an der Beziehung arbeiten als der andere?
- Ist ein Partner der „Böse“ und der andere der „Gute“?
- Empfindet einer der Partner die Beziehung als unsicher und ist ängstlich, während der andere sich sicher ist?
Die starke Dynamik der Liebe kann nach einer Zeit der Verliebtheit dazu führen, dass einer der Partner sich in die Position des „Überlegenen“ und der andere in die des „Unterlegenen“ begibt.
Der überangepasste Partner unterdrückt seine Bedürfnisse
Der unterlegene oder überangepasste Partner unterdrückt in einer Liebesbeziehung zumeist seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Er versucht, die Erwartungen des anderen möglichst zu erfüllen. Die innere Balance zwischen Bindung und Autonomie ist zugunsten der Bindung gestört. So wie bei Tom, der von der Angst getrieben war, nicht die Nähe und Bindung zu Silvia zu verlieren.
Bindungsangst sorgt für Nähe und Distanz
Das kann in der Bewältigung so weit gehen, dass der „unterlegene“ Partner, enge Liebesbeziehungen meidet oder nach Momenten der Nähe immer wieder Distanz herstellt. Wenn dies der Fall ist, bezeichnen Therapeuten dies auch als Bindungsangst. Die Partner selbst beschreiben dies eventuell als On-Off-Beziehung.
Umgekehrt verhält es sich bei dem „überlegenen“ Partner. Bei ihm ist die innere Balance zugunsten der Autonomie gestört. Zwar kann sich dieser gut abgrenzen und sich selbst behaupten. Was ihm schwerfällt, ist, sich anzupassen, Kompromisse zu machen und auf die Erwartungen des Partners einzugehen.
Menschen, die von Bindungsangst geprägt sind, glauben, ihre persönliche Autonomie nur erreichen zu können, indem sie sich von ihrem Partner distanzieren. Es gelingt ihnen dann am besten, nach ihren eigenen Bedürfnissen zu leben, wenn niemand da ist, der Erwartungen an sie stellen kann.
Aktive und passive Bindungsangst
In einer Liebesbeziehung, die von Bindungsangst geprägt ist, gibt es zumeist einen aktiv bindungsängstlichen und einen passiv bindungsängstlichen Partner. Der aktive reguliert die Distanz in der Beziehung. Er verfügt scheinbar über die Macht in der Beziehung, während der passive Partner sich an den anderen klammert.
Je mehr der anhängliche, bindungsängstliche Partner sich jedoch bemüht und seine Zuneigung zeigt, desto mehr wird der andere abgeschreckt und zieht sich zurück. Dieser Rückzug macht den bindungsängstlichen Partner nur noch verliebter und lässt ihn noch mehr klammern. Solange sich diese Person nicht sicher gebunden fühlt, regiert in ihr das Bedürfnis nach Bindung. Die Verlustangst ist so groß, dass sich der autonome Partner noch mehr zurückzieht. So entsteht ein Teufelskreis.
Hierbei kann es dem Paar helfen, sich die folgenden Fragen zu stellen:
- Welches sind unsere alten Bindungsmuster, die uns in diese Situation gebracht haben?
- Wie gehen wir mit unseren Bedürfnissen nach Bindung und Autonomie um, wieviel Freiheit bzw. Abhängigkeit lassen wir in unserer Beziehung zu?
- Welche Motive halten uns zusammen? Welche Rolle spielen Verlustangst und Angst vor Einsamkeit?
Was tun?
Bindungsängstliche Personen tun gut daran, sich ihrer Bindungsangst bewusst zu werden und sich dieser zu stellen. Sicher gab es biografische Elemente, die die bindungsängstliche Einstellung gefördert haben. Diese gilt es zu erkennen.
Typische Fragen
- Zugunsten der Bindung: wie kann ich mich anpassen und Vertrauen aufbauen lernen?
- Zugunsten der Autonomie: wie kann ich mich abgrenzen, mich selbst wichtig nehmen lernen ohne dabei Ängste zu bekommen?
Manchmal kann es in einer On-Off-Beziehung nützlich sein, den Schritt der tatsächlichen Trennung auszulassen. Als aktiv beziehungsängstlicher Partner stellen Sie die Distanz, die Sie aktuell brauchen, innerhalb der Beziehung her, indem Sie z.B. ein Wochenende allein verbringen, allein ein Hobby betreiben oder ähnliches. Arbeiten Sie parallel an Ihrer Beziehungsangst und verbalisieren Sie Ihr Verhalten gegenüber Ihrem Partner, so dass das Vertrauen wieder wächst. Der Teufelskreis einer On-Off-Beziehung kann nach meiner Erfahrung am besten über einen Methoden-Mix bearbeitet werden.
Wie kann ich Sie bei Ihrem Thema unterstützen?
Gerne unterstütze ich Sie als Paartherapeut in Köln und Bonn beim Thema On-Off-Beziehung. Ich nehme Sie mit Ihren Themen und Fragen ernst und helfe dabei, den Blick zu weiten. Gemeinsam schauen wir hinter die Kulissen und gehen Ihren Konflikten auf den Grund.
Parallel hierzu schauen wir darauf, welche Stärken Sie als Paar haben, die Sie bislang noch nicht ausreichend genutzt haben (Mein Konzept). Ich unterstütze Sie dabei, diese Stärken kennenzulernen und auszubauen.
Hans-Georg Lauer
Paartherapeut in Köln und Bonn
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