Wie wichtig ist eine harmonische Paarbeziehung wirklich?
- Posted by Hans-Georg Lauer
- On 7. August 2017
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Wie mit unterschiedlichen Bedürfnissen richtig umgehen
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In meiner Praxis begegnen mir häufig Paare, denen es nicht gelingt, sich wechselseitig ehrlich ihre Bedürfnisse mitzuteilen. Sie scheuen den Konflikt und das offene Wort. Ihr Streben nach Harmonie verhindert eine ehrliche Auseinandersetzung mit ihren eigenen Wünschen. Anstatt ihre Wünsche und Bedürfnisse auszudiskutieren, haben sie über die Zeit eine Haltung entwickelt, in der sie sich dem anderen anpassen, um ja nicht in einen Konflikt zu geraten. Sie fühlen sich nur dann der Liebe des Partners sicher, wenn sie sich ihm anpassen und eine Harmonische Paarbeziehung vortäuschen.
Grundsätzlich müssen Konflikte aber nichts Schlechtes oder Ungewöhnliches sein. Konflikte stehen vielmehr dafür, dass wir in unserer Partnerschaft oder in uns selber aktuell unterschiedliche Ziele, Interessen oder Bedürfnisse haben, die miteinander im Widerspruch stehen. Konflikte deshalb auszuklammern oder zu verteufeln, macht die Situation nicht besser. Im Gegenteil.
Wir suchen Verständnis und Zuwendung in Partnerschaften
Viele Menschen sind gerade deshalb in Partnerschaften, weil sie das Gefühl von wechselseitigen Verständnis, Übereinstimmung und Zuwendung suchen. Manche glauben deshalb, dass wir als Paar dann glücklicher sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Beziehung bleiben, wenn wir harmonisch und geräuschlos zusammenleben.
In meiner Praxis begegnen mir immer wieder Paare, die um des lieben Friedens willen lange Jahre auf Harmonie aus sind und Unterschiede ignorieren. Sie können in ihrer Kommunikation wie leblos und erstarrt wirken. Meist geht das so lange, bis sich einer der Partner aufgrund der gähnenden Langeweile in der Beziehung in eine Affäre flüchtet, zu seinen Bedürfnissen steht und sich auch erstmals wieder seit langem richtig spürt.
Mein Praxis-Beispiel
Ähnlich verlief es auch bei meinem Paar Claudia und Thorsten, beide tätig im kaufmännischen Umfeld eines internationalen Telekommunikations-Konzern. Sie hatten sich vor 14 Jahren über eine Affäre an ihrem Arbeitsplatz kennengelernt und rasch beschlossen, zu heiraten. Aufgrund der beruflichen Ambitionen des Paares hatten sie sich früh gegen Kinder ausgesprochen und sich stattdessen aufwändige Hobbys und Urlaube gegönnt. Claudia schilderte mir, dass sie aufgrund ihres geringen Selbstwert-Gefühls bestrebt war, sich Thorstens Bedürfnissen anzupassen. Er wiederum hatte eine sehr konflikthafte Kindheit in einer zerrütteten Familie erfahren und beschlossen, möglichst harmonisch in der eigenen Ehe zu agieren und ja keine Konflikte heraufzubeschwören. Aber unter der Oberfläche brodelte es bei den beiden.
Nach zwölf Beziehungsjahren verliebte sich Thorsten in seine Abteilungsleiterin, ohne dass er das seiner Ehefrau hätte sagen können. Claudia spürte, dass er sich immer mehr zurückzog, sprach dieses Thema aber nie an. Um des lieben Friedens willen machte er immer mehr faule Kompromisse, insbesondere beim Thema Liebe, Finanzen und Freizeit. Ihre Intimität und Sexualität hatten sie schon länger eingestellt. Nach und nach stellten sich eine Sprachlosigkeit und eine tiefe Frustration ein, die sie dann in meine Praxis führten.
Beide Partner vermeiden den Konflikt
Bei diesen Paaren geht es vorrangig um die Wahrung der Harmonische Paarbeziehung. Unterschiede in den Bedürfnissen und Interessen werden verleugnet, eine gemeinsame „Paar-Denke“ verteidigt. Das geht soweit, dass eigenständiges Denken und Handeln als Bedrohung der Beziehung erlebt wird. Mancher Partner fürchtet in „Ungnade“ zu fallen, nicht mehr beliebt zu sein bzw. abgelehnt zu werden, wenn er sich so zeigen würde, wie er ist. Die Beziehung ist stark durch eine einseitige oder wechselseitige Abhängigkeit gekennzeichnet. Selbst dann, wenn sich der wohltuende Effekt nicht mehr einstellt, streben diese Paare immer noch nach Harmonie, weil sie es nicht riskieren wollen, den anderen zu verlieren. Bewusst oder unbewusst ist Abhängigkeit das beherrschende Gefühl.
Die Folgen von zu viel Harmonie
Zuviel Harmonie kann längerfristig unserer Liebe genauso schaden, wie ein Zuviel an Konflikten. Es kommt darauf an, wie wir mit unseren Unterschieden umgehen und wie wir unsere Konflikte lösen. Nicht die Tatsache, dass wir unterschiedlich sind, ist das Problem, sondern wie wir damit umgehen.
Wenn die Partner ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht vertreten und der Harmonie zuliebe faule Kompromisse eingehen, kann sich bei einem oder beiden Partnern das Gefühl entwickeln, zu kurz gekommen zu sein. Diese Frustration greift dann um sich und betrifft häufig mehrere Lebensbereiche. Hierunter können auch Sexualität und Intimität leiden. Die beiden Partner entfernen sich immer mehr voneinander, die Gleichgültigkeit nimmt zu und dies kann dazu führen, dass die Paarbeziehung Dritten gegenüber geöffnet wird.
Die Ergebnisse der Paare-Forschung zu Harmonie (Terri Orbuch)
Mit ihrer umfangreichen empirischen Studie „The early years of marriage“, die Terri Orbuch, amerikanische Soziologie-Professorin und Psychologin an der University of Michigan, als Querschnittsstudie seit über 25 Jahre betreibt, konnte sie belegen, dass ein zu großes Harmoniebedürfnis in Partnerschaften (Harmonische Partnerschaft) sich katastrophal auf die Beziehung auswirkt. In ihrer Studie zeigte sich, dass Paare, die es gelernt hatten, in ihren ersten Beziehungsjahren unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche in Konflikten auszutragen, eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit hatten, zusammen zu bleiben.
Es kommt darauf an, wie wir streiten (John Gottman)
Auch dramatische Konflikte müssen also nicht das Ende einer Paarbeziehung bedeuten. Es kommt darauf an, wie wir streiten, insbesondere mit wieviel Verständnis und Wertschätzung wir der Unterschiedlichkeit des Partners begegnen.
Nur dann, wenn die Konflikte mit einem sehr negativem Gesprächsverhalten einhergehen, kann sich dies negativ auf die Zukunftsfähigkeit einer Partnerschaft auswirken, wie einer der bekanntesten Paar-Forscher, der amerikanische Psychologe John Gottman, emeritierter Professor an der Washington University, in einer breit angelegten Längsschnittstudie festgestellt hat. Gottman spricht von den “vier apokalyptischen Reitern“ (persönliche Kritik, sofortige Abwehr, Geringschätzung und Rückzug), anhand derer er bei Analyse des Gesprächsverhaltens eines Paares feststellen kann, wie es um die Zukunft eines Paares bestellt ist
Wie mit Konflikten umgehen – das Paargespräch als konstruktive Lösung
Konflikte sollten wir als das ansehen, was sie sind: eine Verletzung von Bedürfnissen, die uns gerade besonders wichtig sind. Gerade dann sollten wir uns unserem Partner zuwenden und ihn befragen, was er von uns oder sich selbst benötigt.
Eine Möglichkeit, dies zu praktizieren, ist das formale Zwiegespräch / Paargespräch, das ich auch mit Claudia und Thorsten eingeübt habe, um sie dabei zu unterstützen, ihre Sprachfähigkeit zurück zu erlangen (mehr hierzu erfahren Sie auch auf https://paarberatung-koelnbonn.de/kommunikation-in-einer-beziehung/ ).
Hans-Georg Lauer
Paartherapeut in Köln und Bonn
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